Proteste für Partnerschaft
Erlangen-Wladimir vorerst erfolgreich
Wir dokumentieren dazu die Rede von Johannes Pöhlmann, Stadtrat der "erlanger linke"

Erlanger Rot - Ausgabe 1/2022Die FDP bleibt im Stadtrat allein mit dem Versuch, die Partnerschaft faktisch zu beenden.

Die FDP hatte beantragt, "die Partnerschaft auf den Prüfstand zu stellen", wenn sich nicht die Stadt Wladimir (russische Föderation) "ausdrücklich von den Handlungen Putins und des russischen Militärs distanziert".

Die Reaktionen aus der Stadtgesellschaft waren heftig, weil viele ErlangerInnen sich seit 1983 für die Partnerschaft engagiert haben. Es war unausgesprochen klar, die Städtepartnerschaft mit Wladimir aus parteipolitischen Profilierungsspielchen rauszuhalten - zu wertvoll schien allen Beteiligten, was an Freundschaften, an Austausch und auch an offener Diskussion bis dahin aufgebaut wurde.

"Entsetzen und Traurigkeit" äußern in einem offenen Brief zahlreicher ErlangerInnen, die "in Wladimir geboren und aufgewachsen" sind. Die UnterzeichnerInnen gehen - so der Brief - in die Notunterkünfte der aus der Ukraine Geflüchteten, um zu helfen. Sie seien auch Sündenböcke für diejenigen, die meinten, alle Russen trügen Schuld an diesem Krieg. Dabei gebe es auch in Wladimir mutige Menschen, die Nein zum Krieg sagen, obwohl ihnen bis zu 15 Jahren Haft drohten.

Wenn nun die FDP Stadträte meinten, dies sei zu wenig, "sollten sie ins Land gehen und mit einem kleinen Plakat gegen den Krieg auch nur ein paar Minuten auf der Straße stehen - sie würden sofort festgenommen". Die UnterzeichnerInnen wüssten nicht, ob die FDP Stadträte den Mut hätten, "in einer Diktatur das zu tun, was sie von der Stadt Wladimir verlangen". Die frühere Sozialbürgermeisterin und Spitzenkandidatin Dr. Elisabeth Preuß trat wegen des Antrags sogar aus der FDP aus.

Direkt vor der Stadtratssitzung fand eine Kundgebung für die Erhaltung der Partnerschaft statt. Im Stadtrat lehnten alle Parteien den Antrag der FDP mit teilweise heftiger Kritik ab. Stattdessen legte der Oberbürgermeister eine mit den großen Parteien abgestimmte Resolution vor, in der Russland scharf verurteilt wird, andererseits die Partnerschaft zumindest auf Sparflamme weiter laufen solle - mit Ausnahme des 40 Jahre Jubiläums. Diese Resolution lehnte die Erlanger Linke als einzige Gruppe im Stadtrat ab, nachdem ihre Änderungswünsche nicht berücksichtigt wurden.

Wir dokumentieren dazu die Rede von Johannes Pöhlmann, Stadtrat der erlanger linke:

Es kann keinen Zweifel geben, dass wir den russischen Angriffskrieg ablehnen, weil wir JEDEN Angriffskrieg ablehnen. Da gehen wir weiter als manche hier im Raum.

Herr Kittel von der FDP beschwert sich immer über allgemeinpolitische Resolutionen. Jetzt will er selber Eine. Das Thema "Städtepartnerschaft" ist ihm der kommunalpolitische Vorwand, um ein allgemeinpolitisches Signal zu setzen, ohne darüber nachzudenken, was er damit aufs Spiel setzt. Der Oberbürgermeister hat gut begründet, warum ein Beenden der Städtepartnerschaft kontraproduktiv ist.

Zur Resolution schlagen wir folgende Änderungen vor, das haben wir den anderen Fraktionen vorher auch schon mitgeteilt:

Herr Kittel hat etwas gesagt, das ich fast genauso sagen könnte:

Es nicht nichts falsch am Text, das Problem ist, was nicht drin steht.

Natürlich ist jeder Krieg brutal, so auch das in der Resolution erwähnte "brutale Vorgehen" der russischen Armee in Syrien. Auch wird Russland richtigerweise vorgehalten, das Völkerrecht durch einen Angriffskrieg zu verletzten.

Nur ist Syrien das denkbar schlechteste Beispiel, um den moralischen Unterschied zwischen Russland und der NATO aufzumachen: Ist doch in Syrien das NATO Mitglied Türkei völkerrechtswidrig einmarschiert, hat in der Provinz Afrin ein brutales Dschihadistenregime errichtet und die kurdischen Menschen enteignet und vertrieben. Aber niemand in diesem Raum hat deshalb gefordert, die Partnerschaft mit Besiktas auf Eis zu legen - richtigerweise!

Der Stadtrat muss JEDEN Angriffskrieg verurteilen, auch wenn er von NATO-Ländern geführt wird. Das hätte moralisches Gewicht und dann könnte auch niemand sagen, hier würde mit "zweierlei Maß gemessen".

Nehmen Sie diesen Satz mit in die Resolution auf!

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